Entwicklung diagnostischer Werkzeuge und Methoden

Die zielgerichtete Entwicklung von Strahl- und Plasmawerkzeugen erfordert ein vertieftes Verständnis der involvierten physikalischen Prozesse. Dies wird experimentell durch Untersuchung der Werkzeuge mittels (in situ) Strahl- und Plasmadiagnostik erreicht, die zum Teil am Institut entwickelt wird. Beispiele dafür sind Faradaysonden(anordnungen), Gegenfeldanalysatoren, aber auch in-situ Diagnostik zur optischen und thermischen Bildgebung sowie berührungslosen Oberflächenprofilometrie auf der Basis adaptierter kommerzieller Komponenten. Das Spektrum der Methoden wurde jüngst um nicht-intrusive Verfahren wie der laserinduzierten Fluoreszenzspektroskopie (LIF) zur Bestimmung von Schwerteilchengeschwindigkeiten sowie der Zwei-Photonen laserinduzierten Fluoreszenz (TALIF) Spektroskopie zur quantitativen Bestimmung der Grundzustandsdichten atomarer und molekularer Plasmaspezies erweitert. Das Portfolio der zur Verfügung stehenden Diagnostiken wird durch weitere kommerzielle Geräte ergänzt.

Expertise

  • Entwicklung und Anpassung von Diagnostiken zur Charakterisierung von Strahl- und Plasmaquellen
  • Charakterisierung von Strahl- und Plasmaquellen, z.B. hinsichtlich Temperatur oder ioneninduzierter Erosion
  • Quantitative Bestimmung von Strahl- und Plasmaparametern
  • Zeitaufgelöste optische Charakterisierung von Plasmen im Nanosekundenbereich

Verfügbare Messtechniken

  • Auswahl

    • Laser-induzierte Fluoreszenzspektroskopie
    • Zwei-Photonen Laser-induzierte Fluoreszenzspektroskopie
    • Streak Camera
    • Ultrahochzeitaufgelöste bildgebende Verfahren an Plasmen
    • Optische Emissionsspektroskopie
    • Faradaysonden und -felder
    • Gegenfeldanalysator
    • Energy-selektive Massenspektrometrie
    • Telemikroskopie (zur Quellenüberwachung)
    • Laser-Profilometrie (zur Quellenüberwachung)
    • Pyrometrie (zur Quellenüberwachung)
    • Thermographische Verfahren (zur Quellenüberwachung)

Highlights

  • Two-Photon Laser-Induced Fluorescence in a Radiofrequency Ion Thruster Plume in Krypton

    C. Eichhorn, F. Scholze, C. Bundesmann, D. Spemann, H. Neumann, H. Leiter
    Journal of Propulsion and Power 35 (2019) 1175
    https://doi.org/10.2514/1.B37487

    Gitterionentriebwerke nutzen eine elektrisch vorgespannte Lochgitteranordnung zur Beschleunigung ionisierter Teilchen, die auf diese Weise den „Treibstoff“ des Antriebssystems bilden. Eine intakte Gittergeometrie (insbesondere die Erhaltung der Lochdurchmesser) ist eine Voraussetzung für die in Weltraumapplikationen geforderte Langlebigkeit solcher Triebwerke. Die Kenntnis ortsaufgelöster Dichten von Plasmaspezies nahe der Austrittsfläche ist wichtig für die quantitative Einschätzung plasma- und oberflächenphysikalischer Prozesse, die während des Betriebs des Triebwerks zu einer ungewollten Lochaufweitung (Gittererosion) führen können. Der Inhalt der Arbeit zeigt, wie lokale Neutralteilchendichten eines relevanten Treibstoffs (Krypton) im Freistrahl eines Gitterionentriebwerke während des Betriebs mit laserspektroskopischen Methoden berührungslos gemessen werden können.

  • An advanced electric propulsion diagnostic (AEPD) platform for in-situ characterization of electric propulsion thrusters and ion beam sources

    C. Bundesmann, C. Eichhorn, F. Scholze et al.
    Eur. Phys. J. D 70 (2016) 212
    https://doi.org/10.1140/epjd/e2016-70236-0

    Die experimentelle Charakterisierung ist ein wesentlicher Bestandteil in der Entwicklung, Optimierung und Qualifizierung von elektrischen Antrieben in der Raumfahrt oder von Ionenstrahlquellen im Allgemeinen, da mit ihrer Hilfe geprüft werden kann, ob der Raumantrieb oder die Ionenstrahlquelle die Anforderungen der Mission bzw. der avisierten Anwendung erfüllt. Weiterhin können mit der Charakterisierung, die für eine Modellierung des Antriebes bzw. Plasmas notwendigen Parameterwerte ermittelt werden. Es besteht darüber hinaus der Bedarf, die Diagnostik von elektrischen Antrieben zu standardisieren, um an verschiedenen Antrieben bzw. in verschiedenen Testumgebungen Parameterwerte zuverlässig und vergleichbar ermitteln zu können. Mit diesem Ziel wurde eine Diagnostikplattform (Advanced Electric Propulsion Diagnostic – AEPD) entwickelt, die eine umfassende in-situ Charakterisierung elektrischer Raumantriebe (oder Ionenstrahlquellen) erlaubt. Die AEPD-Diagnostikplattform besteht aus einem modularen 5-Achsen-Positioniersystem und umfasst Diagnostiken für die Strahlcharakterisierung (Faradaysonde, Gegenfeldanalysator, ExB-Sonde, aktive Thermosonde), die optische Inspektion (Telemikroskop, lasergestütztes Oberflächenprofilometer) und die thermische Charakterisierung (Pyrometer, Thermokamera). In dieser Arbeit werden die technischen Spezifikationen der Diagnostikplattform beschrieben und erste Ergebnisse der Charakterisierung eines Gitterionentriebwerks RIT-µX gezeigt.

  • On how to measure the probabilities of target atom ionization and target ion back- attraction in high-power impulse magnetron sputtering

    M. Rudolph, H. Hajihoseini, M. A. Raadu, J. T. Gudmundsson, N. Brenning, T. M. Minea, A. Anders, D. Lundin
    J. Appl. Phys. 129 (2021) 033303
    https://doi.org/10.1063/5.0036902

    Die internen Entladungsparameter, die Ionisierungswahrscheinlichkeit der Targetatome und die Rückanziehungswahrscheinlichkeit der Targetionen, sind zwei bedeutende Parameter um Hochleistungs-Impuls-Magnetronsputter-Prozesse (engl. HiPIMS) zu verstehen. Hier wird die experimentelle Bestimmung der beiden so wichtigen Parameter beschrieben. Zukünftig lassen sich so HiPIMS-Prozesse gezielt entwickeln.

  • Quantitative low-energy ion beam characterization by beam profiling and imaging via scintillation screens

    S. Germer, F. Pietag, J. Polak, T. Arnold
    Rev. Sci. Instrum. 87 (2016) 113301
    https://doi.org/10.1063/1.4964701

    Das Ionenstrahlätzen isolierender Materialien erfordert im Allgemeinen eine Neutralisierung des Ionenstrahles, um Aufladungseffekte zu vermeiden. Unter diesen Bedingungen ist die Messung der Strahlstromdichteverteilung mittels Faradaysonden kaum möglich. Die Ergebnisse solcher elektrischer Messungen können auch ohne Neutralisierung durch Umladungseffekte beeinflusst sein, bei denen schnelle neutrale Atome entstehen, die ihrerseits zum Ätzabtrag beitragen, mit ladungssensitiven Messverfahren aber nicht erfasst werden können. In dieser Studie wurde die Lichtemission von einkristallinen YAG:Ce (Y3Al5O12) Szintillatoren, aufgenommen mit einer CCD-Kamera, genutzt, um die Energiedeposition eines neutralisierten Ionenstrahles aus einer Breitstrahlionenquelle zu visualisieren. Das vorgestellte Diagnostikverfahren wurde mittels Faradaysondenmessungen und Testätzungen validiert. Die Messungen wurden mit einem 1 keV Ar-Ionenstrahl aus einer induktiv gekoppelten HF-Ionenquelle (13,56 MHz) bei einem Gesamtstrom von wenigen mA durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Strahleigenschaften wie die laterale Stromdichteverteilung, die Strahldivergenz sowie die Stromdichteverteilung bei gepulstem Quellenbetrieb untersucht, um Informationen über das räumliche Strahlprofil und die Verteilung des Ätzabtrages zu erhalten. Die hervorragenden Eigenschaften der optischen Abbildung mittels Szintillatoren erlaubte auch eine detaillierte Charakterisierung des neutralisierten Ionenstrahles, bis hin zur Visualisierung einzelner Beamlets. Weiterhin konnte eine starke Korrelation zwischen der Intensität der Szintillation, der Strahlstromdichte und der Rate des Ionenabtrages festgestellt werden.

  • Laser-induced fluorescence spectroscopy for kinetic temperature measurement of xenon neutrals and ions in the discharge chamber of a radiofrequency ion source

    L. Pietzonka, C. Eichhorn, F. Scholze, D. Spemann
    J. Electr. Propuls. 2 (2023) 4
    https://doi.org/10.1007/s44205-022-00029-4

    In diesem Beitrag wird die Anwendung der laserinduzierten Fluoreszenzspektroskopie (LIF-Spektroskopie) im Zentralbereich der Entladungskammer einer mit Xenon betriebenen Radiofrequenz-Breitstrahlionenquelle beschrieben. Hierbei wurden zwei optische Übergange von Schwerteilchenspezies (Atome und einfach geladene Ionen) eines Xenonplasmas im nahen Infrarot bei sehr hoher spektraler Auflösung unter Zuhilfenahme eines durchstimmbaren Diodenlasers mit schmaler Linienbreite untersucht.

    Die Bewegung von Teilchen der jeweiligen Plasmaspezies relativ zur Richtung des Laserstrahls induziert aufgrund des Doppler-Effekts eine Verschiebung der individuellen Resonanzfrequenzen und zeigt sich in Form einer spektralen Linienverbreiterung. Unter Berücksichtigung zusätzlich auftretender Linienverbreitungsmechanismen können daher die projizierten Verteilungsfunktionen der Neutralteilchen- und Ionengeschwindigkeiten optisch und somit nicht-intrusiv rekonstruiert werden. Die Breite der Geschwindigkeitsverteilungsfunktionen ist mit der kinetischen Temperatur der jeweiligen Plasmaspezies verknüpft; es konnte gezeigt werden, dass dieser Parameter in beiden Fällen mit der Stärke des in die Entladung eingekoppelten Radiofrequenz-Wechselfeldes korreliert ist.

    Die experimentelle Untersuchung von Plasmaschwerteilchenspezies hinsichtlich ihrer kinetischen Temperatur ist ein wesentlicher Baustein für die simulationsbasierte Abschätzung der Leistungsfähigkeit von elektrischen Raumantrieben und der Lebensdauervorhersage für Triebwerkskomponenten. Damit stellt der hier vorgestellte Versuchsaufbau zur LIF-Spektroskopie eine Erweiterung der kooperativ entwickelten Advanced Electric Propulsion Diagnostic (AEPD)-Plattform zur In-Situ-Charakterisierung von Ionentriebwerken dar.

Projekte

  • CHEOPS-VHP-BB

    Die globale Raumfahrtgemeinschaft interessiert sich immer mehr für planetare Erkundungen von Mond und Mars, für die Vermeidung erdnaher Asteroiden, für Rohstoffgewinnung sowie für Wartungsmissionen im Orbit. Im Vorhaben CHEOPS-VHP-BB entwickelt ein internationales Konsortium bestehend aus sieben Partnern – führenden Vertretern der Raumfahrtindustrie, Forschungszentren, Universitäten und KMU – innovative Technologien, um zukünftige Mars-, Mond- und erdnahe Asteroidenvermeidungsmissionen zu ermöglichen. Das Hauptziel dieses Projekts ist es, dafür zukünftige Antriebssysteme und Simulationswerkzeuge zu entwerfen, zu entwickeln und zu qualifizieren und ergänzt damit laufende Entwicklungsaktivitäten um Forschung und Entwicklung zum zukünftigen Einsatz sehr leistungsstarker Halltriebwerk-Systeme. Das Projekt verfolgt dabei einen robusten und kostengünstigen Ansatz zur Qualifizierung, der Herstellung von Verschleiß unterliegenden Schlüsselkomponenten und zur Möglichkeit, alternative Treibmittel und Energiequellen zu nutzen. Der in diesem Projekt vorgesehene kostengünstige Ansatz zur Qualifizierung erfordert die Modellierung von die Lebensdauer begrenzenden Verschleißprozessen für ausgewählte Triebwerkskomponenten. Um den Verschleiß mit dem Betrieb des Triebwerks zu korrelieren, ist eine umfassende Charakterisierung der Triebwerke in Bodentests erforderlich. Für diese Aufgabe wird die am IOM in zwei früheren ESA-Projekten entwickelte Advanced Electric Propulsion Diagnostic Plattform eingesetzt. Dazu müssen zunächst Strahldiagnosewerkzeuge an die hohe thermische Belastung angepasst werden, die bei Strahlexposition durch diese sehr leistungsstarken Halltriebwerke auftritt.

    Link: www.cheops-vhp-bb.eu


    Laufzeit: 2023 – 2025
    Fördermittel (gesamt): 1.499.853,00 Euro
    Fördermittel (IOM): 142.333,75 Euro
    Förderprogramm: HORIZON-CL4-2022-SPACE-01
    Koordination: Safran Spacecraft Propulsion, Frankreich

    Kooperationspartner: 7

    Kontakt:
    Dr. Daniel Spemann
    Querschnittseinheit Werkzeuge
    Tel.: +49 (0)341 235-2681
    E-Mail: daniel.spemann(a)iom-leipzig.de

  • Laserspektroskopische Charakterisierung von Neutralteilchen- und Erosionsspezies im Zwischengitter- und Nahfeldbereich von Gitterionentriebwerken

    Gittererosion ist ein entscheidender Faktor der Limitierung der Lebensdauer von gitterbasierten Ionentriebwerken. Sie wird maßgeblich durch Ladungsaustauschreaktionen zwischen Ionen und Neutralteilchen des verwendeten Betriebsgases (dem Treibstoff) verursacht, bei denen langsame Ionen entstehen, die der ionenoptischen Auslegung des Extraktionsgittersystems nicht folgen und durch ihren Zusammenstoß mit Gitterflächen insbesondere die Oberfläche des Beschleunigungsgitters zerstäuben können. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens werden Neutralgasdichten von Xenon und Krypton sowie die Dichten erodierter Spezies erstmals im Zwischengitterbereich im sowie unmittelbaren Nahfeld eines Gitterionentriebwerks experimentell quantitativ bestimmt, wobei Ladungsaustauschprozesse in diesem Bereich als dominierend angesehen werden können. Neben Ionenantrieben sind die Erkenntnisse auch für die numerische Modellierung von Ionenquellen für terrestrische Anwendungen von Bedeutung.

    Laufzeit: 2021 – 2024
    Fördermittel: 321.659,27 Euro
    Projektträger: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)