Über uns

Das Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung (IOM) ist ein gemeinnütziges, außeruniversitäres Forschungsinstitut in der Rechtform eines eingetragenen Vereins (e.V.). Der Zweck des Vereins ist die anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf dem Gebiet der nichtthermischen Stoffwandlung sowie der apparativen und verfahrenstechnischen Entwicklungen von Ionen-, Elektronen-, Photonen- und Plasmawerkzeugen mit dem Ziel der Oberflächenmodifizierung (wie Glätten, Strukturieren, Beschichten, Funktionalisieren) und der technologischen Umsetzung von Ergebnissen in die Industrie und Gesellschaft.

Entsprechend der Forschungsstrategie des IOM werden bei der zweckorientierten Ausrichtung der wissenschaftlichen Arbeit die Technologiekompetenzen des Instituts weiter gepflegt, ausgebaut und die verschiedenen Expertisen aus Physik, Chemie und Ingenieurwissenschaften (und zum kleineren Teil auch biomedizinischen Wissenschaften) gezielt zusammengefasst. Die Weiterentwicklung von Methoden und Strahlwerkzeugen (Ionen, Elektronen, Photonen und Plasma) erfolgt demnach so, wie sie zur Adressierung wesentlicher gesellschaftlicher Herausforderungen gebraucht werden.

IOM Mission:

Unter Verknüpfung unserer natur- und ingenieurwissenschaftlichen Expertise erforschen, entwickeln und nutzen wir strahlbasierte Methoden zur Herstellung und Bearbeitung von Oberflächen und Materialien mit Ionen, Elektronen, Photonen und Plasmen. Unser wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn dient dem öffentlichen Interesse und Nutzen der Gesellschaft in zukunftsweisenden Anwendungsfeldern wie Optik, Halbleiterindustrie, Energiewirtschaft, Biomedizin und Wasserwirtschaft. Das IOM liefert damit Beiträge zur technologischen Souveränität und nachhaltigen Entwicklung Europas.

IOM Vision:

Das IOM ist das Leibniz-Kompetenzzentrum für das Design, die Herstellung und Modifzierung von innovativen Oberflächen und Materialien, die in gesellschaftlich relevanten Zukunftsfeldern Anwendung finden. Unter Verfolgung der Innovationskette von der Idee zur Anwendung versteht sich das IOM dabei als ganzheitlicher strategischer Partner für Forschung und Industrie.

Durch eine aktive Personalentwicklungspolitik sowie die Bereitstellung von exzellenten Arbeitsbedingungen stellt das IOM sicher, dass die Mitarbeiter und speziell der wissenschaftliche Nachwuchs kreative, wissenschaftliche Beiträge erarbeiten können. Am IOM ist die Gleichstellung der Geschlechter und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein wichtiger Bestandteil der Institutskultur und wird durch darauf ausgerichtete Regelungen und Maßnahmen zum Ausdruck gebracht.

Zahlen und Fakten

Finanzen
Institutionelle Förderung durch Bund und Länder 2022 (in Mio. EUR): 9,8
Eingeworbene Drittmittel 2022 (in Mio. EUR): 5,2
Drittmittelanteil am Gesamthaushalt: ca. 35%

Publikationen
Publikationen 2022 insgesamt: 106
davon in referierten Zeitschriften: 88

Patente und Gebrauchsmuster
Aktiv: 38

Personal
Anzahl Beschäftigte gesamt (2022): 134
Davon:
Wissenschaftliches Personal: 75 (60,8 VZÄ), davon 19 Frauen (25%)
Technisches Personal: 34 (31,6 VZÄ)
Administratives Personal: 14 (12,9 VZÄ)
andere (Stipendiaten, Wiss. HK, Auszubildende): 11 (6,3 VZÄ)

Nachwuchsförderung
Doktoranden*innen: 26 (22 Doktoranden + 4 Stipendiaten)
Abgeschlossene Promotionen 2022: 2
Master- und Diplomarbeiten 2022: 7

 

  • Vorgeschichte und Institutsgründung

    Vorgeschichte und Institutsgründung

    Ein Beitrag zur Geschichte des IOM
    (Vorgeschichte und Institutsgründung)
    C. Bundesmann

    Das Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung e.V. (IOM) wurde am 01.01.1992 auf Empfehlung des Wissenschaftsrates gegründet. Diese Empfehlung war eine Folge der deutschen Wiedervereinigung und basierte auf langjährigen, erfolgreichen Vorarbeiten am Zentralinstitut für Isotopen- und Strahlenforschung (ZfI), einem Forschungsinstitut der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW).

    Im Jahr 1945 wurde die Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW, 1972 umbenannt in AdW) auf Beschluss der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) wiedereröffnet. Sie sollte nach sowjetischem Vorbild keine reine Gelehrtengesellschaft sein, sondern auch eigene Forschung betreiben. Des Weiteren fasste der Ministerrat der DDR 1955 einen Beschluss über "Maßnahmen zur Anwendung der Atomenergie für friedliche Zwecke“.

    In Folge dessen wurden Mitte der 1950er Jahre zwei physikalische Akademie-Institute am Standort Permoserstraße in Leipzig gegründet [1]: das Institut für angewandte Radioaktivität (1956-1970, [2]) unter Leitung von Herrn Prof. Carl Friedrich Weiß (1901-1981) und das Institut für stabile Isotope (1957-1970, ursprünglich Institut für physikalische Stofftrennung, [3]) unter Leitung von Herrn Prof. Justus Mühlenpfordt (1911-2000). Beide Wissenschaftler waren 1955 aus der Sowjetunion zurückgekehrt, wo sie - wie viele andere zunächst in der sowjetischen Besatzungszone verbliebene Wissenschaftler und Ingenieure - am sowjetischen Atomprogramm mitwirkten.

    Im Rahmen einer Akademiereform (1968-1972) wurden diese Institute und weitere Einrichtungen 1969 zum Zentralinstitut für Isotopen- und Strahlenforschung (ZfI) zusammengefasst. Dessen Arbeiten umfassten die Bereiche Isotopenforschung, Isotopenanwendung, Strahlenforschung, Tracerforschung sowie Arbeiten zu Strahlenquellen und Nuklearpharmaka [1,4,5]. Die Vorgängerarbeiten des IOM fanden im Bereich Strahlenforschung in den Abteilungen von Herrn Prof. Frieder Bigl (Ionenstrahltechnik) und Herrn Prof. Reiner Mehnert (Elektronenstrahltechnik) statt.

    Mit Beginn der 1970er Jahre begann in der Abteilung Ionenstrahltechnik die Entwicklung von Niederenergie-Breitstrahlionenquellen. Es wurden umfangreiche gerätetechnische Entwicklungen durchgeführt, deren Höhepunkt die 1983/84 in Kooperation mit dem VEB Hochvakuum Dresden (HVD) entwickelte vollautomatische Ionenstrahlanlage ISA 150 mit den reaktivgastauglichen Ionenstrahlquellen ISQ 76/150 war [6], und eine Vielzahl von Anwendungen untersucht. Beispiele sind die Erzeugung von Schrägschliffen mit kleinsten Neigungswinkeln (minimal 0.0005°) zur Tiefenprofilanalyse, das reaktive Ionenstrahlätzen zur Glättung und Formgebung von optischen Oberflächen oder zur Strukturerzeugung von Halbleitern beziehungsweise die Ionenstrahlschichtabscheidung. In der Abteilung Elektronstrahltechnik wurden unter anderem Niederenergie-Elektronenbeschleuniger entwickelt, die für die Elektronenstrahlhärtung oder zur Erzeugung von Strahleneffekten in Halbleitern, Polymeren, Futter- und Lebensmitteln verwendet wurden. Weiterhin wurden ausgewählte Strahleneffekte untersucht. Diese Arbeiten waren sehr erfolgreich und zum Teil auch im internationalen Vergleich herausragend. Jedoch konnten die Entwicklungen aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Situation nur eingeschränkt Verbreiterung finden, insbesondere auch außerhalb der DDR.

    Das änderte sich 1989 mit dem Zusammenbruch der DDR, in Folge dessen neue Kooperationen jenseits des Eisernen Vorhangs möglich waren und umgehend angebahnt wurden. Allerdings hatte der politische Umbruch auch organisatorisch grundlegende Veränderungen in der Struktur des ZfI zur Folge. Mit der sich abzeichnenden Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten wurde beschlossen, die Akademie-Institute aufzulösen und – sofern von besonderer Bedeutung - deren Arbeiten in eine einheitliche deutsche Forschungslandschaft zu integrieren [7]. Der Wissenschaftsrat wurde daraufhin beauftragt, die Forschungskapazitäten aller Akademie-Institute zu bewerten und Vorschläge zu deren Neuausrichtung zu erarbeiten. Das konnte bedeuten, dass Arbeiten eingestellt, in eigenständige Institute oder Universitäten überführt, in bereits bestehende Institute integriert oder in Firmen ausgelagert werden sollten.

    Mit Bezug auf das IOM stellte der Wissenschaftsrat bei Evaluation des ZfI unter anderem fest [8], dass die folgenden Arbeiten zur Ionen und Elektronenstrahltechnik von „grundsätzlichem Interesse für die Weiterentwicklung von Verfahrenstechnologien der nichtthermischen Stoffumwandlung und Materialbearbeitung“ sind: Elektronenstrahltechnologie zur Stoffwandlung, Polymermodifizierung, Elektronenstrahlhärtung lösungsmittelfreier Monomer/Oligomer-Schichten, Mikrostrukturierung und Oberflächenpräzisionsbearbeitung.

    Es wurde deshalb vorgeschlagen, „ein Institut der Blauen Liste zu gründen, das anwendungsorientierte Grundlagenforschung zur Wechselwirkung von Strahlung mit Materie betreibt, u.a. um die Mechanismen strahleninduzierter Reaktionen aufzuklären, das Verständnis der Ätz- und Abscheideprozesse zu verbessern und die gewonnenen Erkenntnisse in technologische Anwendungen umzusetzen. Für die Verbesserung der Verfahrenstechniken spielt auch die Entwicklung leistungsfähiger Breitbandstrahlquellen eine wichtige Rolle.“[8]

    Daraufhin wurde im Frühjahr 1991 ein Gründungskomitee unter Leitung von Prof. Klaus Bethge (Johann Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main) unter dem Arbeitstitel „Institut für Nichtthermische Stoffwandlung Leipzig“ gebildet. Als Ergebnis intensiver und vielfältiger Diskussionen wurde am 01.01.1992 das Institut für Oberflächenmodifizierung e.V. gegründet. Gründungsdirektor und gleichzeitig Leiter der Abteilung Ionenstrahltechnik wurde Prof. Bigl, stellvertretender Direktor und Leiter der Abteilung Elektronenstrahltechnik wurde Prof. Mehnert.

    Wie der gesamte gesellschaftliche Umbruch in der ehemaligen DDR war auch der Übergang vom ZfI zum IOM eine schwierige Aufgabe verbunden mit vielen persönlichen Schicksalen. Rückblickend schrieb Prof. Bigl darüber [9]: "Den zwei überwiegend unerfreulichen und undankbaren Jahren der ZfI-Auflösung … folgten die aufregendsten und schönsten Jahre meiner 40-jährigen Tätigkeit im Forschungsgelände Permoserstraße 15. Ich durfte mitwirken beim Aufbau eines neuen Instituts, das bereits am ZfI gereifte Ideen, Methoden und Verfahren als Startkapital nutzte und … erfolgreich weiterentwickelte." [9] In Anerkennung seiner besonderen Verdienste „bei der Neugestaltung von Wissenschaft und Forschung im Freistaat Sachsen und bei deren Einbindung in die föderalen Strukturen der Bundesrepublik Deutschland“ bekam Prof. Bigl 2001 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen [10].

    Das IOM ist heute ein etabliertes und erfolgreiches Forschungsinstitut, ein national und international geschätzter Kooperationspartnern von Universitäten, Forschungsinstituten und Industrieunternehmen. All dies wäre ohne die Vorarbeiten am Vorgängerinstitut ZfI und dem engagierten und ambitionierten Einsatz der Gründer des IOM unmöglich gewesen.


     

    Referenzen

    1. [1] UFZ, Leipzig Permoserstraße: Zur Geschichte eines Industrie- und Wissenschaftsstandorts, Passage-Verlag Leipzig, 2001, ISBN 9783932900617
    2. [2] W. Herrmann, Zehn Jahre Institut für angewandte Radioaktivität, Isotopenpraxis 2 (1966) 49; DOI: https://doi.org/10.1080/10256016608551747
    3. [3] J. Mühlenpfordt, Das Institut für stabile Isotope, Leipzig, Isotopenpraxis 2 (1966) 113; DOI: https://doi.org/10.1080/10256016608551720
    4. [4] K. Wetzel, 15 Jahre Zentralinstitut für Isotopen- und Strahlenforschung der AdW der DDR – Ein Überblick, Isotopenpraxis 20 (1984) 365; DOI: https://doi.org/10.1080/10256018408623380
    5. [5] K. Wetzel, H. Hübner, 20 Years Central Institute of Isotope and Radiation Research – A Review of the last 5 Years, Isotopenpraxis 25 (1989) 421; DOI: https://doi.org/10.1080/10256018908624174
    6. [6] F. Bigl, Ionenstrahlätzen – Verfahren und Ausrüstungen für die Mikrostrukturierung, Isotopenpraxis 22 (1986) 430;DOI: https://doi.org/10.1080/10256018608623720
    7. [7] Bundesminister für Forschung und Technologie (BMFT), Weichenstellung für eine künftige gesamtdeutsche Forschungslandschaft, Pressemitteilung, 03.07.90, Link: https://deutsche-einheit-1990.de/wp-content/uploads/BArch-DF4-24357.pdf
    8. [8] Wissenschaftsrat, Stellungnahmen zu den außeruniversitären Forschungseinrichtungen der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR auf dem Gebiet der Physik (März 1991), Wissenschaftsrat, 1992
    9. [9] F. Bigl, Forschung nach der Wende, Journal der WGL 01/2002, S. 6-8
    10. [10] Medienservice Sachsen, 18.12.2001; Link: http://archive.is/INcX#selection-367.92-367.142
  • Broschüre "Zur Geschichte der Entwicklung und Anwendung von Breitionenstrahlquellen in Leipzig"