Die Temperaturmessung in lebenden Zellen – die sogenannte Nanothermometrie – ist ein zentrales Forschungsfeld der modernen Physik. Die Mechanismen der Wärmeleitung in komplexen, dynamischen zellulären Umgebungen sind bislang nur unzureichend verstanden. Präzise Nanothermometrie könnte hier neue Einblicke in die Zellbiologie ermöglichen und wertvolle Impulse für die Wirkstoffforschung liefern.
Ein internationales Forschungsteam, dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Ulm, Cardiff University, Universität Stuttgart, University of Warwick, des IOM Leipzig und des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung angehören, berichtet nun über einen wichtigen Fortschritt: Mit optimierten Nanodiamanten und einem weiterentwickelten Messprotokoll gelang es, Temperaturen in lebenden Zellen mit einer Präzision von bis zu 100 Millikelvin (mK) zu messen – außerhalb von Zellen wurden 52 mK gemessen.
Die Messungen beruhen auf der optisch detektierten magnetischen Resonanz von Stickstoff-Leerstellen-(NV)-Zentren in Nanodiamanten. Durch das verbesserte Protokoll konnten Störeinflüsse, die durch elektrische Feldänderungen an der Nanodiamant-Oberfläche entstehen, deutlich reduziert werden.
In Zellversuchen konzentrierte sich das Team auf Makrophagen, also Immunzellen, die bei Entzündungs- und Abwehrreaktionen eine zentrale Rolle spielen. Frühere Studien hatten bei metabolischer Stimulation Temperaturanstiege von mehreren Kelvin gemessen – Ergebnisse, die in der Fachwelt kontrovers diskutiert wurden. Die neuen Messungen zeigen: Bei metabolischer Aktivierung treten keine signifikanten Temperaturänderungen auf. Dieses Resultat stimmt mit dem Wärmeleitungsgesetz und den theoretisch erwarteten physiologischen Erwärmungsraten überein.
Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Advanced Science veröffentlicht:
Millikelvin Intracellular Nanothermometry with Nanodiamonds
https://doi.org/10.1002/advs.202511670

