Hertz-Elektronenstrahllabor

Materialmodifizierung und Spektroskopie mit hochenergetischen Elektronen

Das Hertz-Elektronenstrahllabor stellt eine deutschlandweit einzigartige Infrastruktur für Grundlagenuntersuchungen im Bereich der Materialwissenschaften und für industrienahe Projekte zur Materialmodifikation bei der Anwendung hochenergetischer Elektronen (bis 10 MeV) bereit. Mit den beiden 10 MeV Elektronenbeschleunigern ELEKTRONIKA (Fa. Toriy, Russland) und MB10-30 MP (Fa. Mevex, Kanada, gefördert durch das BMBF innerhalb des WING-Programms) werden sowohl zeitaufgelöste Untersuchungen zur Kinetik und Dynamik von elektronen-induzierten Prozessen durchgeführt als auch die (Oberflächen-) Eigenschaften sehr unterschiedlicher Materialien (z.B. Polymere, Halbleiter, Diamanten, Hybridmaterialien etc.) gezielt modifiziert. Für die jeweiligen Anforderungen (z.B. Hochtemperatur- oder Cryobestrahlung; Dosisbereich/Fluenz: 1011 bis 1019 Elektronen/cm2) werden Bestrahlungsszenarien ausgearbeitet und entsprechende Probenhalter über die Forschungswerkstatt des IOM  bereitgestellt. Zusätzlich stehen weitere Niederenergiebeschleuniger (< 250 keV) und diverse spezielle analytische Techniken wie Pulsradiolyse, Laserphotolyse und PEEM für Forschungsaufgaben zur Verfügung, die sowohl in den Forschungsbereichen des IOM oder im Verbund mit externen Kooperationspartnern aus dem universitären und außeruniversitären Bereich sowie der Industrie durchgeführt werden.

Expertise

  • Defekt-Design (NV-Zentren, ZnO, SiC, …)
  • Strahlenchemische Synthese von Materialien
  • Nicht thermische Oberflächenfunktionalisierung
  • Aufklärung von Mechanismen
  • Aufklärung von Struktur-Eigenschaftsbeziehungen
  • Vernetzung und Funktionalisierung von Polymeren

Highlights

  • Controlling the fluorescence properties of nitrogen vacancy centers in nanodiamonds

    C. Laube, T. Oeckinghaus, J. Lehnert, J Griebel, W. Knolle, A. Denisenko, A. Kahnt, J. Meijer, J. Wrachtrup, B. Abel
    Nanoscale11 (2019) 1770-1783
    https://doi.org/10.1039/C8NR07828A

    Die Kontrolle der Bildungs- und Fluoreszenzeigenschaften von Stickstoffleerstellen (NV) -Zentren in Nanodiamanten (NDs) ist ein wichtiger Faktor für ihre Verwendung in medizinischen und Sensoranwendungen. Berichte, die ein tiefes Verständnis der potenziellen Faktoren vermitteln, die diese Eigenschaften beeinflussen, sind jedoch selten und konzentrieren sich nur auf einige wenige Einflussfaktoren. Der aktuelle Beitrag zielt auf dieses Problem ab und wir berichten über eine umfassende Untersuchung der Fluoreszenzeigenschaften von NVs in Nanodiamanten als Funktion der Elektronenbestrahlungsfluenz und des Oberflächenabschlusses. Hier zeigen wir, dass Prozessparameter wie Defektzentrumswechselwirkungen, insbesondere unterschiedliche Stickstoffdefekte und strahlungsinduzierte Gitterdefekte sowie Oberflächenfunktionalitäten einen starken Einfluss auf die Fluoreszenzintensität, Fluoreszenzlebensdauer und das Ladungszustandsverhältnis der NV haben Zentren. Unter Verwendung eines zeitkorrelierten Einzelphotonenzählungsansatzes haben wir auch eine Methode zur schnellen makroskopischen Überwachung der Fluoreszenzeigenschaften von ND-Proben etabliert. Wir fanden heraus, dass die Fluoreszenzeigenschaften von NV-Zentren in Abhängigkeit von der Bestrahlung, dem Tempern und dem Oberflächenabschluss gesteuert oder sogar eingestellt werden können.

  • Efficient conversion of nitrogen to nitrogen-vacancy centers in diamond particles with high-temperature electron irradiation

    Y. Mindarava, R. Blinder, C. Laube, W. Knolle, B. Abel, C. Jentgens, J. Isoya, J. Scheuer, J. Lang, I. Schwartz, B. Naydenov, F. Jelezko
    Carbon  170 (2020) 182-190
    https://doi.org/10.1016/j.carbon.2020.07.077

    Fluoreszierende Nanodiamanten mit negativ geladenen Stickstoffleerstellen (NV_) sind vielversprechend für eine Vielzahl von Anwendungen, z. B. zur Erfassung, als Fluoreszenzbiomarker oder zur Hyperpolarisierung von Kernspins. NV_-Zentren werden aus Defekten des Substitutionsstickstoffs (P1-Zentren) und Leerstellen im Diamantgitter gebildet. Das Maximieren der Konzentration von NVs ist am vorteilhaftesten, was die Suche nach Methoden mit einer hohen Umwandlungsausbeute von P1 zu NV_ rechtfertigt. Wir berichten hier über die Charakterisierung von oberflächengereinigten fluoreszierenden Mikro- und Nanodiamanten, die durch Bestrahlung von handelsüblichem Diamantpulver mit hochenergetischen (10 MeV) Elektronen und gleichzeitigem Tempern bei 800 OC erhalten wurden. Mit dieser Technik und der Erhöhung der Bestrahlungsdosis demonstrieren wir die Erzeugung von NV_ mit einer Umwandlungsausbeute von bis zu 25%. Schließlich überwachen wir die Entstehung strahlungsinduzierter Spin-1-Defekte in Mikrodiamantpartikeln, die wir mit W16- und W33-Zentren assoziieren, und untersuchen die Auswirkungen der Bestrahlungsdosis und der Partikelgröße auf die Kohärenzzeit von NV_.

  • Efficient chlorine atom functionalization at nanodiamond surfaces by electron beam irradiation

    Efficient chlorine atom functionalization at nanodiamond surfaces by electron beam irradiation

    J.Y. Zhou, C. Laube, W. Knolle, S. Naumov, A. Prager, F.D. Kopinke, B. Abel
    Diam. Relat. Mater. 82 (2018) 150-159
    https://doi.org/10.1016/j.diamond.2018.01.012

    Die Oberflächenfunktionalität von Nanodiamanten ist für ihre gewünschten chemischen, optischen und elektromagnetischen Eigenschaften von entscheidender Bedeutung. Es wird erwartet, dass chlorierte Oberflächen eine einfache weitere Modifizierung von Diamantoberflächen über verschiedene Substitutionsreaktionen für die gezielte Molekülpfropfung ermöglichen, was insbesondere für biochemische Anwendungen interessant ist. Zuvor berichtete Chlorierungsansätze von Diamanten erforderten einen mühsamen Umgang mit gefährlichen Chemikalien wie Chlorgas und eine lange Chlorierungszeit oder hohe Temperatur. Hier beschreiben wir einen strahlungschemischen Ansatz unter Verwendung von Elektronenstrahlbestrahlung zur effizienten Oberflächenchlorierung von Nanodiamanten (mit einem durchschnittlichen Durchmesser von ca. 30 nm) bei Umgebungstemperatur. Nanodiamanten mit hydrierten und grafitierten Oberflächen wurden zur Chlorierung in CCl4, CHCl3 und CH2Cl2 bei steigenden Strahlungsdosen verwendet. Zur Charakterisierung der chlorierten Produkte wurde eine umfassende Reihe von Messungen angewendet, darunter XPS, ATR-FTIR und In-Source-Massenspektrometrie mit thermischer Desorption (IS-TD-MS). Dichtefunktionaltheorie (DFT) -Berechnungen wurden durchgeführt, um die Diskussion der Reaktionsmechanismen zu unterstützen. Es wird bestätigt, dass für hydrierte Nanodiamanten in CCl4 durch Anwendung von Dosen ≥ 500 kGy bemerkenswerte kovalent mit Chlor bedeckte Oberflächen mit ausreichender Stabilität gegen Luft und Wasser erzielt wurden.

  • Light Controlled Oxidation by Supramolecular Zn(II) Schiff-base Complexes

    C. Laube, J. A. Taut, J. Kretzschmar, S. Zahn, W. Knolle, S. Ullmann, A. Kahnt, B. Kersting, B. Abel
    Inorg. Chem. Front. 7 (2020) 4333-4346
    https://doi.org/10.1039/D0QI00980F

    The application of supramolecular host–guest chemistry for controlled photoreactivity and molecular sensing is a highly important field of modern inorganic and physical chemistry. One key aspect is the formation of the triplet state after photoexcitation. Applications of zinc ion Schiff-base derivatives for this purpose are rarely reported in the literature and there is still a lack of investigation into the triplet state formation of these supramolecular complexes. In this paper, triplet state formation and photosensitization is demonstrated for Zn(II) salicylaldiminato-functionalized calixarene complexes. We show that the photoinduced triplet state formation and the photoreactivity is a direct consequence of the Zn2+ complexation. Herein, the photochemical reactivity, as well as the mechanistic details of the photooxidation were deduced from a comprehensive set of steady state and time resolved spectroscopic as well as radiation chemistry data, respectively. The metal center (Zn2+) controlled photoreactivity observed here may lead to novel applications in the direction of photodynamical therapy or may open new avenues in catalysis, selective reactions and sensor applications.

  • Elucidating the role of halides and iron during radiolysis-driven oxidative etching of gold nanocrystals using liquid cell transmission electron microscopy and pulse radiolysis

    M. F. Crook, C. Laube, I. A. Moreno-Hernandez, A. Kahnt, S. Zahn, J. C. Ondry, A. Liu, A. P. Alivisatos
    J. Am. Chem. Soc. 143 (2021) 11703-11713
    https://doi.org/10.1021/jacs.1c05099

    Graphene liquid cell transmission electron microscopy (TEM) has enabled the observation of a variety of nanoscale transformations. Yet understanding the chemistry of the liquid cell solution and its impact on the observed transformations remains an important step toward translating insights from liquid cell TEM to benchtop chemistry. Gold nanocrystal etching can be used as a model system to probe the reactivity of the solution. FeCl3 has been widely used to promote gold oxidation in bulk and liquid cell TEM studies, but the roles of the halide and iron species have not been fully elucidated. In this work, we observed the etching trajectories of gold nanocrystals in different iron halide solutions. We observed an increase in gold nanocrystal etch rate going from Cl–- to Br–- to I–-containing solutions. This is consistent with a mechanism in which the dominant role of halides is as complexation agents for oxidized gold species. Additionally, the mechanism through which FeCl3 induces etching in liquid cell TEM remains unclear. Ground-state bleaching of the Fe(III) absorption band observed through pulse radiolysis indicates that iron may react with Cl2·– radicals to form an oxidized transient species under irradiation. Complete active space self-consistent field (CASSCF) calculations indicate that the FeCl3 complex is oxidized to an Fe species with an OH radical ligand. Together our data indicate that an oxidized Fe species may be the active oxidant, while halides modulate the etch rate by tuning the reduction potential of gold nanocrystals.

  • Design of biomimetic collagen matrices by reagent-free electron beam induced crosslinking: Structure-property relationships and cellular response

    S. Riedel, P. Hietschold, K. Krömmelbein, T. Kunschmann, R. Konieczny, W. Knolle, C. Mierke, M. Zink, S. G. Mayr
    Materials & Design 168 (2019) 107606
    https://doi.org/10.1016/j.matdes.2019.107606

    Elektronenbestrahlung ermöglicht auch die Quervernetzung von Kollagen-Matrizen, wodurch sich maßgeschneiderte Netzwerktopologien und mechanische Eigenschaften einstellen lassen. Diese Erkenntnisse münden in die Entwicklung neuartiger Gewebe-Scaffolds ein.